Artgerechte Hundeernährung: Warum ich gegen BARF bin
Generell stehe ich polemischen Aussagen skeptisch gegenüber. Selten gibt es DIE EINE richtige Lösung, DIE EINE richtige Vorgehensweise oder DIE EINE gesunde Ernährungsform. Beim genauen Nachdenken fallen mir zahlreiche Gründe ein, weshalb die Behauptung, dass BARF die einzige gesunde Ernährung für Hunde sei, nicht unbedingt zutreffend sein muss.
WAS IST BARF?
Inhaltsverzeichnis
Das Wort BARF ist eine Abkürzung für Biologisch Artgerechte Roh Fütterung und bezieht sich nicht einfach auf die allgemeine Rohfütterung, sondern repräsentiert ein konkretes Konzept. Dieses Konzept orientiert sich an den Ernährungsgewohnheiten von Wölfen und sieht vor, dass die Futterzusammensetzung nach dem Beutetierschema erfolgt. Nur wer seinen Hund nach diesem festen Konzept füttert, kann als BARFer bezeichnet werden.
Falls du deinen Hund lediglich roh oder frisch fütterst, ist dies nicht gleichzusetzen mit BARF, da es hierbei nicht um das spezifische Konzept geht.
Das Prey-Modell wird als noch problematischer angesehen, da Hunde, die nach dieser Methode gefüttert werden, keinerlei pflanzliche Komponenten erhalten.
DER WOLF IM HUND
Lassen Sie uns mit der simplen Geschichte des Hundes beginnen – wie kam der Wolf überhaupt zum Menschen? Über diesen Punkt besteht keine eindeutige Einigkeit, doch der zeitliche Rahmen liegt zwischen 15.000 und 30.000 Jahren. Mindestens vor 15.000 Jahren wurde der Wolf zum Begleiter des Menschen.
Es gibt verschiedene Theorien darüber, WIE der Hund zum Menschen kam. Eine besagt, dass der Wolf sich dem Menschen angeschlossen hat, weil er in der Nähe des Menschen ein gutes und leicht zugängliches Nahrungsangebot fand. Zu dieser Zeit nutzten die Menschen bereits Hitze und Feuer zur Nahrungszubereitung. Also schloss sich der Wolf möglicherweise dem Menschen an, um auch von „verarbeiteter“ Nahrung zu profitieren.
Ein weiterer möglicher Grund könnte in der Faulheit der Wölfe liegen. Es wäre sicherlich einfacher, sich gemütlich und ohne große Anstrengung von den übriggebliebenen Nahrungsresten der Menschen zu ernähren, anstatt sich auf eine kräftezehrende und möglicherweise wenig erfolgreiche Jagd zu begeben. Es könnte also eine Kombination verschiedener Faktoren gewesen sein. Da wir persönlich nicht dabei waren und die Aussagen zu diesem Thema variieren, lassen wir die genauen Beweggründe offen.
FREI LEBENDE HUNDE
Obwohl wir nicht genau wissen, was vor 15.000 Jahren geschah, ist bekannt, wie sich heutige freilebende Hunde ernähren. Dies wurde unter anderem in Studien wie dem Tuscany Dog Project von Günther Bloch festgehalten. Aus diesen Studien geht eindeutig hervor, welches Nahrungsangebot Hunde wählen, wenn sie die Wahl haben.
Und was wählen sie? Frische gejagte Beutetiere wie Hasen, Rehe, Eichhörnchen oder Fische? Oder vielleicht Mäuse? Nein, tatsächlich ziehen freilebende Hunde es vor, das Nahrungsangebot zu nutzen, das Menschen ihnen zur Verfügung stellen. Sie zeigen eine Vorliebe für sogenannte Hausmannskost, wie zum Beispiel Pizza und Nudeln. Jagdverhalten oder das Fressen von Beutetieren scheint für sie weniger attraktiv zu sein, wenn sie die Option haben, menschliche Nahrung zu bekommen.
DER MENSCH
In der menschlichen Ernährung gibt es ähnlich kontroverse Diskussionen wie in der Hundeernährung. Die Paleo-Diät, auch Steinzeiternährung genannt, versucht sich an den Essgewohnheiten unserer Vorfahren zu orientieren, ähnlich wie BARF in der Hundeernährung. Es geht jedoch nicht nur darum, die Summe der Nährstoffe zu berücksichtigen. Viele Faktoren, wie Nachhaltigkeit und individueller Lebensstil, spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, was auf dem Teller landet.
Es ist fraglich, ob die Ernährung eine Glaubensfrage sein sollte oder ob weitere Faktoren in die Entscheidung einbezogen werden sollten. Menschen leben heutzutage nicht mehr wie Steinzeitmenschen, genauso wie Hunde nicht mehr wie Wölfe leben.
Die Idee, dass Barfen die einzig richtige, gesunde und natürliche Ernährung für Hunde ist, kann in Frage gestellt werden, wenn man sich gegen die Ausrichtung der eigenen Ernährung an der Steinzeiternährung entscheidet.
Es stellt sich die Frage, ob es für einen Menschen sinnvoll ist, seine Ernährung nach einem festen Konzept auszurichten. Die meisten Menschen wiegen nicht jedes Stück Fleisch oder Gemüse ab, um ihre Nährstoffzufuhr genau zu berechnen. Warum sollte es dann beim Hund notwendig sein?
Mensch und Hund sind beide Säugetiere und ähneln sich in einigen Aspekten. Der Verdauungstrakt von Hunden weicht von dem der Menschen ab, aber wenn man das Verhältnis von Darmlänge zu Körpergröße betrachtet, könnte man den Hund eher den Allesfressern zuordnen.
Letztendlich sollten individuelle Bedürfnisse und Gegebenheiten bei der Ernährungsentscheidung sowohl für den Menschen als auch für den Hund berücksichtigt werden. Es gibt keine allgemeingültige Antwort, sondern jeder sollte eine ausgewogene und für sich passende Ernährung wählen.
DIE KARTOFFEL
Als der Wolf domestiziert und zum Hund wurde, waren Kartoffeln noch nicht Teil seiner Ernährung. Zudem sind rohe Kartoffeln für Hunde ungenießbar und wären für einen Wolf, der nicht kochen kann, nutzlos gewesen. Dennoch sind Kartoffeln ein hochgeschätztes Nahrungsmittel für den Menschen. Sie sind sättigend, reich an verschiedenen Nährstoffen und dazu kostengünstig. Allerdings erfordert ihre Zubereitung das Kochen, was sie eigentlich als BARF-Bestandteil ausschließt, da bei BARF rohes Futter bevorzugt wird.
Trotzdem finde ich es persönlich fast bedauerlich, Kartoffeln in der Hundeernährung nicht zu berücksichtigen. Viele Hunde vertragen sie gut und mögen sie gerne. Tatsächlich werden Kartoffeln in manchen Fällen sogar therapeutisch bei Futtermittelallergien eingesetzt.
Kartoffeln enthalten vor allem Kohlenhydrate, aber auch andere Nährstoffe, die für den Hund nützlich sein können. Obwohl sie nicht roh gefüttert werden können, könnten sie dennoch in manchen Situationen eine sinnvolle Ergänzung in der Hundeernährung darstellen.
DIE SACHE MIT DEM PROTEIN …
Proteine sind zweifellos ein wichtiger Nährstoff für Hunde, da sie als „Baustofflieferanten“ essentiell sind. Während auch pflanzliche Nahrung Proteine liefert, sind tierische Proteine den pflanzlichen vorzuziehen. Die Verwertbarkeit von Nahrungsprotein hängt von seiner Aminosäuren-Zusammensetzung ab, die den körpereigenen Proteinen ähneln sollte. Es ist also nachvollziehbar, dass Hunde (wie auch Menschen, die keine Pflanzen sind) vorzugsweise Proteine tierischen Ursprungs erhalten sollten.
Allerdings kann eine Überversorgung mit Proteinen schädlich sein, da überschüssige Proteine über Leber und Nieren abgebaut werden müssen. Eine dauerhafte Überversorgung, vor allem in Kombination mit anderen Belastungen dieser Organe, kann zu Schäden führen.
Barf Rationen liefern in der Regel mehr Proteine, als der Hund tatsächlich benötigt. Ein einfaches Rechenbeispiel zeigt, dass der Proteinüberschuss erheblich sein kann. Ein hoher Anteil an Proteinen kann auch Auswirkungen auf den Gehirnstoffwechsel haben, da Proteine eine Rolle bei der Bildung von Neurotransmittern wie Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Serotonin spielen.
Das Verhältnis der Aminosäuren beeinflusst die Bildung dieser Neurotransmitter. Eine hohe Proteinmenge kann dazu führen, dass Tryptophan, das für die Bildung von Serotonin verantwortlich ist, es schwerer hat, während Phenylalanin, das für die Bildung von Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin verantwortlich ist, sich leichter tut.
Dadurch kann sich ein Ungleichgewicht ergeben, das zu erhöhtem Stresshormon (Adrenalin und Noradrenalin) und impulsivem Verhalten (Dopamin) führen kann, während die beruhigende Wirkung von Serotonin abnimmt. Dies könnte sich möglicherweise in Verhaltensauffälligkeiten äußern.
Eine angemessene Proteinversorgung ist daher sinnvoll. Eine Unterversorgung sollte vermieden werden, aber auch eine Überversorgung ist nicht empfehlenswert.
Der Proteinbedarf kann bereits mit einer Menge von 45-50% der Gesamtration gedeckt werden, ohne dass das BARF-Konzept verlassen werden muss. Gleichzeitig ist es wichtig zu bedenken, dass ein aktueller Trend wie das Angebot von Fertigfutter mit einem hohen Fleischanteil von 80% nicht zwangsläufig die beste Variante ist. Eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung ist entscheidend.
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